Stadtgeschichte

Amuthon - Embden - Emden. Die wechselvolle Geschichte der Stadt Emden

1933 bis 1945


Mit der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler wurde die Entstehung einer totalitären Diktatur eingeleitet. Zunächst kam es zu Repressalien gegen Kommunisten und Sozialdemokraten. Im März 1933 fanden auch in Emden Boykottmaßnahmen gegen jüdische Geschäfte statt. Oberbürgermeister Dr. Mützelburg wurde auf Initiative des NS-Kreisleiters Folkerts durch die Straßen getrieben. Es kam zu einer Entlassungswelle von Sozialdemokraten und Demokraten aus dem öffentlichen Dienst.

1934 wurde der aus Delmenhorst stammende Nationalsozialist Hermann Maas zum Oberbürgermeister ernannt. Nach Querelen zwischen ihm und der NS-Kreisleitung wurde er im Sommer 1937 durch den aus Wilhelmshaven stammenden Carl Renken abgelöst, der sich als strammer Antisemit profilierte.

Der Emder Hafen profitierte ab 1935 von der Aufrüstungspolitik der NS-Regierung, da über ihn viele Erzimporte liefen. Die expansive Wirtschaftspolitik verringerte die Arbeitslosigkeit und die NS-Propaganda verstand es geschickt, die Mehrheit der Bevölkerung für sich zu gewinnen.

Die Nürnberger Rassegesetze von 1935 stellten die jüdische Minderheit unter Sonderrecht. Sie sollte aus Deutschland verschwinden, weshalb ihre Auswanderung unter Zurücklassung ihres Vermögens forciert werden sollte. Ihren ersten Höhepunkt erreichten die Repressalien gegen die Juden während der von SA und SS angezettelten Pogromnacht vom 09/10. November 1938. In dieser Nacht ging die Emder Synagoge in Flammen auf und jüdische Geschäfte wurden geplündert und zerstört. Mitglieder von SA und SS trieben jüdische Frauen, Männer und Kinder zur Neutorschule und quälten und misshandelten sie. Daniel de Beer kam durch eine Schusswunde ums Leben. Andere, wie Louis Philippson erlitten schwere Verletzungen.

Am 11. November 1938 erfolgte der Abtransport der jüdischen Männer zwischen 15 und 50 Jahren zum KZ Sachsenhausen. Hier verloren Sally Löwenstein und Simon Sax ihr Leben. Die im Frühjahr 1939 noch in Emden lebenden jüdischen Bürger verloren ihre Wohnungen und mussten in Gebäude der jüdischen Gemeinde ziehen: das jüdische Alten- und Waisenheim an der Klaas-Tholen-Straße, das Rabbinatsgebäude an der Schonhoovenstraße und das Kantoreigebäude an der Großen Osterstraße. Nach der Besetzung Polens im September 1939 bat der Oberbürgermeister Renken in einer Eingabe gemeinsam mit den Landräten von Aurich und Norden um die Deportation der Juden in das Generalgouvernement. Zunächst erfolgte im Frühjahr 1940 die Abschiebung des größten Teils der noch in Emden lebenden Juden nach Berlin, Bremen, Hamburg und Frankfurt/Main.

Am 22. Oktober 1941 erfolgte der Abtransport 23 "nicht reisefähiger" Bewohner des jüdischen Altenheims nach Varel. Von dort aus wurden sie im Sommer 1942 nach dem Ghetto Theresienstadt deportiert. Keiner der Betroffenen überlebte den Holocaust. Am 23. Oktober 1941 wurden 122 jüdische Bürger aus Emden, Norden und Aurich nach dem Ghetto LItzmannstadt (Lodz) deportiert. Von ihnen starben 30 an Kälte, Hunger und Krankheiten. Der Rest wurde im Mai und Juni 1942 im Vernichtungslager Kulmhof (Chelmno) ermordet.

Bilder vom Luftangriff am 6. September 1944

Die NS-Regierung bereitete die Bevölkerung systematisch auf einen Krieg vor. Dazu gehörten Luftschutzübungen und vormilitärische Ausbildung. Schon im ersten Jahr des am 1. September 1939 von Hitler angezettelten Zweiten Weltkriegs kam es zu Luftangriffen auf Emden. Insgesamt waren 80 Luftangriffe mit Bombenabwürfen zu verzeichnen.

Der schwerste Luftangriff, geflogen von der britischen RAF ereignete sich am 6. September 1944. Diesem Angriff fiel die gesamte Emder Altstadt zum Opfer. Durch 35 LS-Bunker konnte die Zahl der Bombenopfer begrenzt werden. Insgesamt fielen dem Luftkrieg zwischen 1939 und 1945 413 Emder Bürger, Zwangsarbeiter und Soldaten zum Opfer.

Zum Ende des Krieges lagen mehr als 90 Prozent der Altstadt in Trümmern. Zerstört war ein großer Teil der öffentlichen Verwaltungsgebäude mit dem historischen Rathaus. Auch die Kirchen der Stadt mit Ausnahme der Mennonitenkirche existierten nicht mehr. Zerstört war das Krankenhaus mit Apotheken und anderen medizinischen Einrichtungen.

Die Zerstörungen im Hafengebiet blieben begrenzt. Bereits im Sommer 1945 konnten die Nordseewerke den Betrieb wieder aufnehmen. Die Bevölkerungszahl Emdens war auf 26493 Einwohner zurückgegangen. Viele Emder waren in Ausweichlager über ganz Ostfriesland zerstreut evakuiert worden. Dazu befanden sich im Sommer 1945 noch viele Soldaten aus Emden in Kriegsgefangenschaft.

Zeittafel

1933"Gleichschaltung" des öffentlichen Lebens. Ende März: Judenboykott, Kommunistenverfolgung, Berufsverbote. 2. Mai Gewerkschaftsverbot. Nur noch NSDAP im Bürgervorsteherkollegium. 16. Oktober: Oberbürgermeister Mützelburg wird misshandelt und entlassen.
19376. Juni Eröffnung Badeanstalt an der Kesselschleuse „van Ameren-Bad“
19389./10. November: Emder Synagoge brennt, "Kristallnacht".
1939/452. Weltkrieg. 6.9.1944 Zerstörung der Stadt. 1121 Emder fallen als Soldaten, 316 durch Bombenangriffe, 465 jüdische Bürger werden ermordet.
19455. Mai: Waffenstillstand für Nordwestdeutschland. 18. Mai: Georg Frickenstein von Militärbehörde als Oberbürgermeister eingesetzt. 20. August: erste Sitzung der „Ernannten Stadtvertretung“.