Stolpersteine in Emden

Der Künstler Gunter Demnig

Wer sich Gunter Demnig als einen Künstler mit Pinsel und Palette vor einer Leinwand stehend vorstellt, der irrt. Gunter Demnig ist ein Aktionskünstler, der seine Werke weit verankert in den Raum, in die Gesellschaft setzt. Schon sehr früh verließ er immer wieder zu Fuß die Atelierumgebung, um seine Denkanstöße und Aussagen ins Land zu bringen. Mittels selbstgebauter fahrbarer „Maschinen“ legte er Spuren : Kreide-, Farb- oder auch Blutspuren. Sie stellten Verbindungen her zwischen seinem Ausgangsort Kassel und seinen Zielen: Kunstmuseen in London und Paris. Mit einem roten Faden im Gepäck wanderte er 1983 über die Alpen und verband so das Museum Fridericianum in Kassel mit der Biennale in Venedig. Im gleichen Jahr zog er einen Kreidekreis rund um Wuppertal, um zu zeigen, wie weit die unmittelbare Wirkung einer Atombombe reicht.... Zahlreiche Maschinen Demnigs stellen Kontakte zu den Menschen her, sie stoßen, treten oder klopfen lässig auf die Schulter. Klangmaschinen machen Raum und Empfindung durch die akustische Dimension erfahrbar.

Als Vorreiter zu dem Projekt „Stolpersteine“ gilt eine weiße Spur „MAI 1940 – 1000 ROMA UND SINTI“.

„Im Mai 1990 legt Gunter Demnig wieder einmal eine Spur, quer durch das ihm bestens vertraute Köln. Das Verfahren ist für ihn nicht neu, die Strecke vergleichbar kurz; Farbe und Schriftschablone ebenso erprobt wie der konspirative Umgang mit Polizei und Genehmigungsbehörden. Aus Anlass eines historischen Jubiläums, in Verbindung mit einer dokumentarischen Ausstellung wird diese Spur gelegt, Sonntag morgens um sechs zwischen dem Schwarz-Weis-Platz, dem Messegelände und der Verladerampe des Deutzer Bahnhofs. Fünfzig Jahre zuvor, im Mai 1940, waren von einem in der Kölner Messe eingerichteten Außenlager des KZ Buchenwald 1000 Romm und Sinti deportiert worden, zumeist in Arbeits- und Vernichtungslager Südpolens, aus denen sie höchstens einmal herausgeholt wurden, um in Leni Riefenstahls Schmachtfetzen ’Tiefland’ als folkloristische Staffage gedemütigt und anschließend umso sicherer getötet zu werden.“
("Der Gedankenstrich" von Rolf Sachsse, Zitat aus der Internetseite von G. Demnig)

Die Farbspur verschwand mit der Zeit durch die Witterung und durch die Schritte der Kölner Bürger, doch diese erkannten die Wichtigkeit der Spur und regten an, sie dauerhaft im Boden zu verankern.
Dieses Projekt überschreibt Gunter Demnig: „aus Vergangenheit, trittfest gemacht“.

„...Er bleibt auch fugenlos bei diesem Vokabular, als die globale Kunde sich seit 1990 zur konkreten, genauen, historischen Vorgabe präzisiert. Die Kreidespur MAI 1940 --- 1000 ROMA UND SINTI, die Demnig 1990 entlang dem Leidensweg der Deportierten von Köln-Bickendorf bis zur Laderampe in Köln-Deutz zog, ist inzwischen ausgelöscht. Die 23 Steinplatten mit Messinglettern; 23 Stationen; wären ein Mahnmal, das Vergangenheit nicht mit Gedenkpathos entsorgt, sondern in den Alltag der Gegenwart holt. Solche Projekte erreichen eine neue Dichte der Vereinigung von Spur und Monument. Demnig hat hier nicht weniger als ein eigenes Paradigma des Erinnerns in die Welt gesetzt...“
(Manfred Schneckenburger, Zitat aus der Internetseite von G. Demnig)

So verbindet mit den „Stolpersteinen“ mittlerweile ein Netz von Spuren des alltäglichen Gedenkens von Deutschland aus viele europäische Länder.

www.gunterdemnig.de

Foto: Karin Richert
Text: Renate Skoruppa